Erinnern und Verstehen: Deutsche aus Russland
Zahlreiche Deutsche folgten ab 1764 dem Aufruf von Katharina II. und siedelten in Russland. Seitdem ist ihre Geschichte eng verknüpft mit den Geschehnissen im Riesenreich. Eine Ausstellung im Salzwedeler Rathaus erzählt davon.
„Wurzeln schlagen und die Gesellschaft stärken“, das ist der Leitgedanke einer Wanderausstellung, die im Foyer des Rathauses Station macht. Schwungvoll eröffnet wurde diese Ausstellung unter dem Titel „Deutsche aus Russland - Geschichte und Gegenwart“ am Spätnachmittag des 16.02.2015 im ehrwürdigen Ratssaal.
Jakob Fischer von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland empfing die gut 60 Ausstellungsbesucher mit mitreißendem Volksliedgesang, dem sich auch Gastgeberin Sabine Danicke und Landrat Michael Ziche nicht entziehen konnten.
Die Oberbürgermeisterin wies in ihrer Begrüßungsansprache darauf hin, dass im weltoffenen Salzwedel schon immer eine herzliche Willkommenskultur herrscht. Sie schlug einen Bogen zum internationalen Städtebund DIE HANSE und den dort bestehenden sehr guten Kontakten, u.a. in das russische Welikij Nowgorod zum Hanse-Präsidiumsmitglied Olga Popova. Sabine Danicke brachte gern die jungen Musiker von Bruno Punani/Counterfeit in Erinnerung, die in Besetzung von drei kasachischen Auswanderern und einem Deutschen bereits Furore beim Nachwuchs-Bandcontest "local heroes" gemacht hatten und von der Hansestadt Salzwedel mehrfach für offizielle Auftritte verpflichtet wurden. Das Stadtoberhaupt ermunterte vor allem Schulklassen, die Wanderausstellung zu besuchen, denn sie liefere vorurteilsfreie Informationen.
Landrat Michael Ziche freute sich ebenfalls, dass diese Ausstellung in Salzwedel gezeigt wird. Er blickte in seinem Grußwort auch auf die Jahre 1992/1993 zurück, als sich eine Partnerschaft zwischen dem damaligen Landkreis Salzwedel und dem Nationalkreis Asowo anbahnte.
Mit zwei Lebensberichten der Aussiedler Leo Anwalt und Jakob Pfeifer - beide anwesend - sorgte der vortragende Jörg Bieber von der Aussiedlerbetreuung des Diakonischen Werkes für bewegende Momente unter den Anwesenden. Die Wurzeln in Russland abbrechen und den Weg zurück nach Deutschland wagen - das war für Anwalt und Pfeifer mit ihren Familien ein Schritt ins Ungewisse. "Deutschland ist unsere Heimat - und doch so fern!" so einer der Gedanken, die vor der Entscheidung zur Rückkehr standen. Was aber kann ihre Entscheidung letztlich besser rechtfertigen und zugleich wertschätzen als ihr Fazit: "Wir fühlen uns sehr wohl in Salzwedel!"
Ausstellungsleiter Jakob Fischer informierte anschließend über die Hintergründe der Wanderausstellung. Er gab Einblicke über die Auswanderung der Deutschen nach Russland und die Rückkehrerbewegung. Angesichts der aktuellen Diskussion zu Auswanderung und Asylrecht zeigte sich Fischer optimistisch, das die Deutschen hier weiterhin eine Aufnahmegesellschaft bleiben werden. Weitere Informationen zur Landsmannschaft und zur Ausstellung unter dem Link Wanderausstellung.
Gelungen umrahmt wurde der Ausstellungsauftakt durch Nikolaj Teplijakow mit seinem Akkordeon und durch den Aussiedlerchor der Diakonie Salzwedel. Zudem gab es mit Prjanki und Chworost sowie dem russischen Kwas typisch-kulinarische Köstlichkeiten.
Die Ausstellung ist im Foyer des Rathauses während der Öffnungszeiten vom 17.02. bis 09.03.2015 kostenfrei zu besichtigen. Im Hansezimmer des Rathauses präsentiert sich ausstellungsbegleitend das AWO-Mehrgenerationenhaus Salzwedel.